„Je älter man wird,
desto mehr schätzt man die Kunst des konstruktiven Schweigens.“
Ezra Pound
Ich kann mir schöneres Feiern vorstellen, als
sieben Stunden in der Schule zu haben. Mit einer Klasse, die gerade alles
macht, nur nicht das, was man ihnen sagt. Aber Geburtstag schützt nicht vor dem
Arbeiten, das muss man leider auch an seinem großen Tag. Also Augen zu und
durch.
Ich stehe vor der Klasse und kontrolliere die
Hausaufgaben. Neun Schüler ohne. Neun von 13. Die Planung der Stunde kann man
wegschmeißen, theoretisch müssten die vier ohne Hausaufgaben, diese jetzt
erledigen. Damit wir irgendwie mit dem Stoff vorankommen. Nur ein kleines
bisschen. Aber was mache ich dann mit den vier, die alles gemacht haben? Man
muss ja spontan und flexibel sein. Planänderung.
"Holt bitte alle das Buch raus, wir lesen
weiter." Gejammer, Gestöhne. Kaum einer bewegt sich Richtung Tasche, um
das Buch rauszuholen.
- "Ey, Mrs. Johnson. Ist dieser Wind Sandy
eigentlich noch da?"
"Abdul, ich glaube, du hast jetzt eine Aufgabe?!"
- "Walla, können Sie nicht antworten?"
"Nein. Du hast doch eine A.U.F.G.A.B.E!"
- "Ich hab gehört, diese Wind is schlimmer als
Atombombe..."
"Mirko, auch DU hast etwas zu tun." Ich
werde ignoriert. Eiskalt. An meinem Geburtstag. Toll!
- "Atombombe is doch nicht schlimm. Ey stell
dir vor, die fällt so auf einmal auf Schule!"
- "Was Schule? Wenn die hier explodiert, ist
mies, ich bin dann Zuhause. Zuhause passiert mir ja nix." Ist ja eine
Kleinigkeit, so eine Atombombe. Sind ja nur 2 m2, die dann betroffen sind.
"Abdul, noch einmal: ich hätte dich jetzt
gerne in der ruhigen Variante." Er macht tatsächlich seinen Mund zu. Für
90 Sekunden.
- "Mrs. Johnson, wissen Sie? Ich habe so ein
Mann, der is so Couseng, aber nicht so richtig Couseng. Aber der kommt oberoft
zu uns. Also wir sind schon ein bisschen verwandt..."
"Was ist mit ihm?"
- "DER spielt bei AC Mailand!" Kann ich jetzt nicht einfach nach Hause gehen und Geschenke auspacken??
- "DER spielt bei AC Mailand!" Kann ich jetzt nicht einfach nach Hause gehen und Geschenke auspacken??
Jetzt gesellt sich auch Önder zu unserem Gespräch.
Ist ja nicht so schlimm, dass er am anderen Ende von dem Raum sitzt. Gute
Akustik und so.
- "Walla Abdul, bist du vielleicht ein
bisschen krank behindert? Oder nur behindert? Brauchst du vielleicht
Orthopädiker? Niemals spielt einer dem dein Verwandter bei Mailand!" Abdul
steht auf, überquert den ganzen Raum und stellt sich vor Önder. Halloooo?
Ich versuche hier Unterricht zu machen!
- "Wir sind nur bisschen verwandt. Ich schwör
dir, der spielt da. Frag mein Vater!"
"Abdul kommst du bitte kurz mit raus?"
- Immer ich! Was hab ich gemacht? Ich hab nix gemacht!"
- Immer ich! Was hab ich gemacht? Ich hab nix gemacht!"
"Das habe ich auch nicht gesagt. Kannst du
bitte kurz mit mir rauskommen." Ich flüstere kurz Mrs. Smith zu, dass ich
jetzt eine neue Taktik ausprobiere und gehe mit Abdul vor die Tür. Mrs. Smith
und ich verstehen uns blind. Uns beiden ist alles recht, was diese Klasse zum
Lernen bewegt.
- "Rufen Sie jetzt bei mir an?"
"Hör zu, ich habe heute Geburtstag!"
Abduls Augen werden gaaanz groß.
- "Ja ja????"
"Ja. Und ich wünsche mir zum Geburtstag, dass du die restlichen drei Stunden ruhig bist und dich mit den entsprechenden Manieren am Unterricht beteiligst?"
"Ja. Und ich wünsche mir zum Geburtstag, dass du die restlichen drei Stunden ruhig bist und dich mit den entsprechenden Manieren am Unterricht beteiligst?"
- "Walla, Mrs Johnson, ich kann nicht. Ich
muss andere erzählen, Sie haben Geburtstag!"
"Nein, ich habe es nur dir erzählt."
- "Bitte Mrs. Johnson. Ich muss erzählen."
"Du darfst, wenn du dich ab jetzt benimmst und wenn, dann frühestens in der großen Pause."
- "Bitte Mrs. Johnson. Ich muss erzählen."
"Du darfst, wenn du dich ab jetzt benimmst und wenn, dann frühestens in der großen Pause."
- "Ich schwör, ich mach. Ab jetzt." Abdul
geht wieder in die Klasse. Ich gehe ihm hinterher und bete, dass er meinen
Geburtstagswunsch erfüllt. Er grinst über beide Ohren.
- "Ey, das ist so unfair. Sie gehen mit Abdul
raus und lästern über uns!"
"Ja genau, Jannes. So ist es!"
- "Abdul, Abdul, was hat die gesagt?"
"Ich darf nix sagen und ich darf nicht stören." 90 Sekunden geht es gut. Dann geht es weiter wie vorher. Aber Abdul bleibt standhaft und verrät keinem unser Geheimnis. Erst mal.
"Ich darf nix sagen und ich darf nicht stören." 90 Sekunden geht es gut. Dann geht es weiter wie vorher. Aber Abdul bleibt standhaft und verrät keinem unser Geheimnis. Erst mal.
Nach der Pause kommt Önder und singt ganz ganz ganz laut in mein Ohr:
- "Happy birthday to you, happy birthday to
you, happy birthday Mrs. Jooooohnsoooon, happy birthday to you. Was geeeeeht,
Mrs. Johnson?? Geburtstag unso? Wollen Sie für Sie und für uns erlösen machen?
Können wir jetzt gehen? Sie können dann feiern, wir können chillen... Ist doch
mieseste Geschäft! Das wäre so porno!"
Na dann, happy birthday to me.
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