Montag, 11. Juni 2012

Die Qual der Wahl


Herr Knolle fragt die Verkäuferin: "Meine Frau ist bei Weihnachtsgeschenken sehr wählerisch. Kann ich den Schal umtauschen, wenn er ihr nicht gefällt?" "Selbstverständlich!" "Und wie oft?"

Kaum zu glauben, aber das Schuljahr neigt sich tatsächlich dem Ende zu. Wir sind müde, die Kiddies sind müde. Die Schüler vor allem, weil sie es nicht gewohnt sind, so lange am Stück zu arbeiten und Ansprüche fremder Leute zu erfüllen. Auf einmal erscheint Schule doch nicht so schlimm. Arbeiten- das ist schlimm! Nun ja, das kann ich bestätigen! Ich wünsche mich immer öfter in die Schule als Schülerin oder an die Uni zurück. Das war ein schönes Leben!
Nur noch eine Woche also, dann geht's in die Sommerferien. Zeugnisausgabe in genau einer Woche. Ich erwarte viele verduzte Gesichter und mindestens genauso viele Versprechen, nächstes Jahr alles besser machen zu wollen. Es bleibt nur eine große Frage- wie verabschieden wir uns in die Sommerferien?

Bevor wir das allerdings klären können, bekomme ich von jedem türkischstämmigen Schüler noch einmal gesagt, wie gut die Türken Fußball spielen können. Umut trifft mich schon morgens an der Tür.
- "Mrs. Johnson, Türkei ist übertrieben gut in Fußball."
"Das Thema hatten wir doch schon am Freitag. Können wir nicht mal zur Abwechslung realistischer werden?!"
- "Sie werden sehen, nächste WM!"
"Ja ja, schreib mir eine Postkarte, wenn Türkei mal gewinnen sollte. Bis dahin bist du nämlich bestimmt nicht mehr in der Schule."
- "Wenigstens kann Türkei Spiele zahlen, nicht so wie Griechenland!"
"Neuer Spruch oder was?"
- "Hab noch einen. Polen klaut immer den Ball, deswegen spielen die Spiel nie zu Ende."
"Boooah, die werden ja immer schlechter! Ist die Witzeapp abgestürzt?"
- "Schuuuu, Mrs. Johnson, warum so aggressiv??"
"Können wir bitte über ein wichtiges Thema sprechen? Was machen wir zum Abschluss? Habt ihr Ideen?"
- "Können wir Türkei fahren? Dort is so schön, warm, lecker und so."
"Can! Ich sagte doch, realistische Ideen!"
- "Is doch, Türkei is mies realistisch!"
"Ok, andere Ideen? Kino? Eis? Picnic?"
- "Können wir nicht doch Türkei? Klassenfahrt oder so?" Ich bin genervt, da will man was organisieren und wird nicht ernst genommen. Oder doch ernst genommen. Die Message hinter den Aussagen der Schüler lässt sich nicht immer erkennen.
"Lasst und doch kurz nach Paris fliegen, auf dem Eifelturm grillen und im Disneyland übernachten." Begeisterte Schreie folgen bis Melissa sich zu Wort meldet.
- "Ey, ich hass Frankreich voll. Die spielen heute, wa? Die sollen ma verlieren!"
"Was hast du denn gegen Frankreich???"
- "Alles, Mrs. Johnson, aaaalles. Was das für ein Land??"
"Aha, geht es etwas genauer? Warst du da schon mal?"
- "Nee, aber ja man, ich hass die halt." Immer wieder schön, wenn man seine Meinung begründen kann...
- "Ey, Mrs. Johnson, können wir in Echt nach Paris? Ich würd voll gern nach Disneyland."
"Ja, könnt ihr Can, aber nicht mit mir! Wir stimmen jetzt ab! Kino, Picnic im Park oder Eisessen! Jeder hat eine Stimme." Can steht mit offenem Mund und großen Augen vor mir.
- "Wie jetzt? Ich muss mich zwischen Kino und so unterscheiden??"
"Entscheiden! Du musst dich entscheiden!"
- "Ah so ja, übertrieben schwer.. Kann ich nicht zweimal abstimmen??"
"NEIN! Kannst du nicht. Jeder hat nur eine Stimme und Disneyland steht nicht zur Wahl. Noch Fragen?? Wobei ich euch nicht empfehlen würde, die zu stellen. Denn dann kann ich für nichts mehr garantieren!" Ist es denn so schwer, sich zu entscheiden?? Wahrscheinlich ja. Aber ist ja auch meine eigene Schuld. Hätte ich bloß nur gefrühstückt im Klassenraum und Zeugnisse ausgegeben... Ganz einfach. Aber nein...
Bülent meldet sich.
"Jaaaa?"
- "Lassen Sie ma nix machen! Zu Hause chillen ist beste, wo gibt!"
- "Ey, Junge, lern ma Deutsch und sag dann was! Du kannst doch nicht mit eine Lehrerin so kaputtes Deutsch reden, aller!" Man Deniz, musst du jetzt noch provozieren??
- "Aber du!"
"So, Herrschaften, mir reicht's für heute. Denkt drüber nach und wir stimmen morgen noch einmal ab. Zumindest versuchen wir es!"

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