„Rückzug aus dem
aktiven Geschäftsleben heißt: Einkommen-Steuer zahlen ist nur noch ein
Zuschauer-Sport.“
Unbekannt
Unbekannt
Irgendwie
ist mir in den letzten Tagen nicht nach täglichen Tagebucheintragen. Entweder,
weil gerade echt viel zu tun ist und mir am Abend die Kraft dafür fehlt oder
aber, weil es mir gerade gut geht. Ich bin raus aus der normalen Klasse mit 26
Schülern, die man eigentlich alle nach einem jeweils anderen Niveau
unterrichten muss. Das "Jeden-Tag-Auskotzen-Bedürfnis" ist weg. Ich
habe jetzt nur noch die Hälfte und gucke, dass sie viel praktisch machen. Ok,
die 13 sind geballte Ladung Ignoranz, Faulheit, Provokation und Schuleohnesinn-Einstellung.
Aber sie sind weg von dem Normalweg Schule und wir versuchen sie individuell zu
betreuen und hoffen, dass bald die Schulemitsinn-Einstellung kommt. Weil sie hoffentlich
begreifen, warum sie etwas lernen müssen. Weil sie verstehen, dass man am
Arbeitsplatz auch Mathe, Deutsch und Englisch braucht und ohne höflicher
Artikulation nicht weit kommt. Es macht Spaß und es fühlt sich richtig an. Richtig,
weil diese Jugendliche hier eine Chance erhalten.
Trotzdem
sind wir vom Paradies noch weit entfernt. Can hat den Satzbau in Englisch auch
in der 9. Klasse noch nicht drauf und braucht eigentlich Privatunterricht. Die
richtige Schreibweise der Fremdwörter kann man vergessen oder sehr viel
Optimismus an den Tag legen. Timm kämpft mit der Flächenberechnung. Antonio
schläft im Unterricht, weil er am Vortag bis 1.00 Uhr morgens im Fitnessstudio
war. - "Was schlimm? Meine Mutter weiß doch! Ich will doch Athletiker
werden." Auch die Umgangsformen und die Alltagsbegebenheiten wollen noch
nicht so, wie man es eigentlich verlangt. Önder hat da einen recht langen Weg
vor sich. - "Was labberst du, du Spasst? Mit 21 ist miesspät zum Heiraten,
meine Oma hat schon mit 14 geheiratet! Und? Ich schwör, die hat gutes Leben!
Und kann auch nicht Deutsch sprechen! Jetzt hab ich's dir gegeben. Korb oder
Korb?"
Die
Jugendlichen sind das Eine. In dem Gefüge Schule gibt es aber noch eine andere
Seite. Nämlich die der Senatsverwaltung und der Bildungspolitik.
Sonderpädagogen, die an mehreren Stellen gleichzeitig sein müssen. Die einen
machen die Diagnostik, die anderen beobachten die Schüler im Unterricht. Und
nun versuch mal, alle Teile zusammenzukriegen und die nötige Hilfe für den
Schüler zu gewährleisten. Richtig- unmöglich! Aber sowas von! Aber ja,
beschließen wir doch noch mehr Reformen, sparen Geld und ignorieren unser
massives Bildungsproblem. Heute habe ich gelesen, dass mehr Quereinsteiger für
die Mangelfächer Naturwissenschaften eingestellt werden müssen. Genau das
brauchen wir- unqualifizierte Fachkräfte für unsere Schüler, die still
dasitzen, zuhören und nach mehr Lernstoff fragen! Alle anderen Schüler, solche,
die bei uns die Schulbank drücken, wird ein Quereinsteiger nicht mal einen Tag
unterrichten können. Ich frage mich bloß, welcher Quereinsteiger sich
freiwillig heutzutage in eine Schule in Berlin begeben soll, aber das ist noch
eine andere Frage... Förderkinder, die ohne anerkannten Status genau wie die
anderen Kinder in der großen Gruppe beschult werden müssen. Änderungen, die
vorgenommen werden, ohne über Konsequenzen nachzudenken. So wird zum Ende der
9. Klassen ab diesem Schuljahr eine Prüfung eingeführt. Wer diese nicht besteht,
kann im nächsten Jahr nicht mehr zum MSA zugelassen werden. Was machen die Schüler,
die diese Prüfung nicht bestehen? Haben die gar keinen Abschluss oder nur einen
(ehemaligen) Hauptschulabschluss? (Den Abschlüssen hat man jetzt auch mal kurz
andere Namen gegeben- klingt wahrscheinlich bildungsnäher. So richtig ist
nämlich noch keiner informiert. Wozu auch? Wird schon irgendwie, so wie alles
bisher. Dann verpflichtet man kurz mal alle Lehrer zu weiteren sinnlosen
Fortbildungen, um dann zu sagen: "Hey, was wollt ihr? Wir machen doch was
für die Lehrer!" Nach paar Jahren lässt man die Schulinspektion kommen, um
die Ergebenisse zu evaluieren (Hasswort!!!), diktiert den Schulen paar Auflagen
und fertig ist die Bildungsmisere!
Jedenfalls
gibt es noch eine Menge zum Meckern. Aber mir geht's gut. Ich bin glücklich mit
meinem praktischen Projekt, mit dem anderen Weg. Wir werden in Zukunft immer
mehr 'andere Wege' gehen müssen... Erst mal werde ich also nicht mehr
regelmäßig schreiben, vielleicht ab und zu, wenn es was Spannendes gibt. Und
vielleicht versuche ich mich an einem Buch. Ist zwar eine
Riesenherausforderung, aber bekanntlich stehe ich ja auf Herausforderungen...
Und
man sieht sich garantiert ein zweites Mal...
Schade. Habe gerne jeden Tag nachgeguckt.
AntwortenLöschenHat mich ebenfalls gefreut!
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