Freitag, 23. März 2012

Besuch


”Wer mich besucht, erweist mir eine Ehre. Wer mich nicht besucht, macht mir eine Freude.”

Henry de Montherlant

Besuch ist toll, Besuch ist Abwechslung und Besuch ist was lernen. Der heutige Besuch machte uns eindeutig Freude.
Frau G-Punkt und ich warten schon im Klassenraum. Die ersten trödeln ein. Ganz langsam. Zuerst die Jungs, dann die Mädchen. Die letzteren brauchen wohl nach dem Sport etwas länger. Hübsch machen, bis sie aus der Umkleide rausgeschmissen werden.
- „Mir ist übertrieben heiß, können wir nicht hitzefrei machen?“ Ok, es ist wärmer, als im Februar. Hochsommer ist aber nun wirklich nicht ausgebrochen. Also nicht übertreiben bitte.. Mein Blick verrät wohl die Antwort.
- „Wie ich schwitze, dann setze ich mich ans Fenster.“ Umut sieht so aus, als wäre er gerade kilomertweit gelaufen. Und dann bemerkt er unseren Besuch.
- „Wer sind Sie?“
„Das verraten wir gleich. Setzt euch erst mal hin und packt euren Ordner aus.“
Frau G-Punkt ist eine gute Freundin von mir, die sich ziemlich gut mit den momentanen Begebenheiten des Arbeitsmarktes auskennt und bereits unzählige Bewerbungsgepräche geführt hat. Vielleicht glauben die Kiddies ja ihr, dass gute Noten, Pünktlichkeit und andere Dinge echt wichtig sind, wenn man einen Ausbildungsplatz bekommen möchte.
Frau G-Punkt stellt sich also vor.

- „Mrs. Johnson, woher kennt ihr euch? Ich meine Sie. Woher kennen Sie euch? Ähmmm...“
- „Haben Sie Facebook, Frau G-Punkt?“
- „Haben Sie Mrs. Johnson Arbeit besorgt? Ich kann Ihnen auch viel besorgen! Brauchen Sie I-Phone-Cover für guten Preis? Ich mache Special-Preis.“
„Jetzt lasst Frau G-Punkt erst mal erzählen und dann könnt ihr ja Fragen stellen.“ Frau G-Punkt erzählt also. Von den vielen Arbeitslosen, von den wenigen Ausbildungsplätzen und von den hohen Ansprüchen in der Arbeitswelt. Die Schüler nicken, seufzen und wundern sich. Der eine oder andere nimmt sich auf der Stelle vor, sich zu bessern. Abdul möchte es genauer wissen.
- „Also ich will ja Polizist werden. Braucht man Mathe dafür? Und welche Note in Englisch? Was ist, wenn ich mal zu spät komme? Und wenn ich es mir doch anders überlege? Und wenn ich ganz schlechte Noten habe oder viele Fehltage oder auch Verspätungen. Ist schlimm?“
Unser Besuch beantwortet geduldig alle Fragen und die Schüler benehmen sich wirklich vorblidlich. Naja bis auf Emre und Deniz. Die sitzen in der letzten Reihe und spielen XXO, hören aber sofort auf, als sie ermahnt werden. Respekt und so. Ich sage’s doch, vorbildlich. Und bis auf Betül, die als letzte in die Klasse reinkam- schön gestylt. Mitten in der Erzählung von Frau G-Punkt fragt sie:
- „Mrs. Johnson, darf ich Klo gehen?“ Oh bitte, blamiere mich doch nicht...
„Nö.“
- „Biiiiiittttte!! Dringend!“
„Nö.“
- „Oh man..“ Diese Johnson, sooo gemein.
Frau G-Punkt läßt sich nicht stören und erzählt weiter, von äußerst spannenden Dingen.

Zum Schluss gibt Frau G-Punkt den Rat, sich mal zu googeln und zu gucken, welche Informationen über einen selbst im Netz vorhanden sind. Außerdem sollte man nicht allzu peinliche und private Fotos oder Videos  von sich, zum Beispiel auf Facebook, hochladen. Der potentielle Arbeitgeber könnte ja ebenso  googlen und sich seine Entdeckungenanschauen. Dejan ist ein ganz Schlauer.
- „Aber was ist wenn ich bin bei Facebook, aber mich anders benenne? Das kriegen die nie raus. Ich bin eh klüger.“ Oh je... Auch Abdul möchte noch etwas fragen.
- „Also, ich möchte ja Polizist werden...“ Wirklich?

Und wenn wir schon bei Arbeitsplätzen sind. Wenn Lehrer aus Berlin das Bundesland wechseln möchten, werden sie von Berlin nicht einfach so freigestellt. Schulleiter geben keine Freistellung, weil sie
- sonst den Schulbetrieb nicht aufrecht erhalten können und
- es so ‚von oben’ gesagt bekommen haben.
Das ist natürlich super. So möchte man, die Junglehrer in Berlin behalten. Wenn also jemand unbedingt wechseln möchte, kann er ja kündigen. Das ist der Vorteil dabei, nicht verbeamtet zu sein. Aaaaaber... Die Kündigung erfolgt zum Ende eines Schuljahres. Der neue Vertrag beginnt meist nach den Sommerferien. Und je nach der Zeit der Schulferien in unterschiedlichen Bundesländern ist man dann vier bis sechs Wochen arbeitslos, also ohne Geld. Doch so nett, unser Arbeitgeber...

1 Kommentar:

  1. Dann war diese Referentin nicht nur für Schüler sondern auch für die Lehrschaft nützlich?

    AntwortenLöschen