Freitag, 14. März 2014

So krass bombe

"Um Erfolg zu haben, muß man aussehen, als habe man Erfolg."
Valentin Polcuch

"Schiebt bitte die Tische zusammen, damit wir uns alle hinsetzen können." Ich mag es nicht, vorne zu stehen. Als Oberlehrerin. Im Kreis unterhält und lernt es sich viel besser. Ich muss nicht stehen, um den Kiddies etwas beizubringen. Geht auch im Sitzen. Sitzen. Endlich. Warum habe ich mich heute morgen auch für die hohen Absätze entschieden? Schön doof. Schule darf man eigentlich nur in Turnschuhen betreten. Besonders wenn man sieben Stunden am Stück hat. 

"Uuuuuh Frau Feynberg. Absätze? Was ist mit den Ihre Nikes los? Verkaft bei Ebay?"
"Cüüüs, Junge. Weißt du, wie viele Nikes die hat? Als hätt Frau Feynberg die alle bei Ebay verkauft. Kein Plan hast du, Knecht du Elender." Önder muss einfach immer das letzte Wort haben und fährt fort. "Haben Sie vielleicht Date? Ah nein. Sie sind ja jetzt verheiratet. Leben vorbei, wa?"
"Eigentlich nicht. Alles gut bei mir. Aber danke Önder, dass du dir um mich Sorgen machst. Wirklich sehr lieb. Könnt ihr jetzt bitte die Tische zusammenschieben? Jetzt wirklich!"
"Ist Ihr Mann auch Russe? Wie heißt er? Oleg, Igor, Evegnij?"
Gülcan kommt auf mich zu. "Falsche Richtung Gülcan. Die Tische stehen jetzt hinter dir. Da kann etwas nicht stimmen."
"Ich wollt Sie nur sagen Frau Feynberg, Sie haben tooooodesabgenommen! Was geht Frau Feynberg, Liebe und so? Ich hab bei Galileo gesehen, wegen Liebe nimmt man tooodes ab. Beste Diät."
Gülcans Blick wandert an mir hoch und runter. Ich fühle mich etwas beobachtet. So ziemlich beobachtet.
Mandy weiß es besser. "Was Liebe? Ich sag dir, nur Sport. Einzigste, was hilft. Ey Frau Feynberg, Sie können bald bei diese Models-Sendung mitmachen. Dann brauchen Sie nicht mit uns ihr Geld verdienen. Wir sind schon oberanstrengend, oda?"
"Mandy, es gibt keine Steigerung von 'einzig'."
"Was?"
"Einzige. Es heißt einzige. Du bist gerade die einzige, die ihren Tisch nicht schiebt."
"Aaalleee, wie Sie übertreiben! Ich wette, Sie gehen zu Fuß immer zu Ihre Familie. Welche Stadt wohnen Sie noch mal?"
"Weit weg. Die Tisch..."

"Sag ich doch. Also. Laufen Sie nach weitweg? Kein Zug? Oder machen Sie diese Fahrrad bei Fitness?"
"Reicht jetzt Mädels! Können wir Unterricht machen?"

"Frau Feynberg, ich wollt Sie nicht beleidigen." Gülcan hebt beide Hände hoch. Als wäre sie komplett unschuldig.  
 "Aber Sie haben kraaaas abgenommen. Also, vorher, da sahen Sie auch Bombe aus. Aber jetzt. So krass Bombe. Frau Feynberg, sind Sie beleidigt?"

4 Kommentare:

  1. Waren Sie "beleidigt"?
    Finde es aber nett, wie die Mädels Sie kommentieren. Das passiert Lehrkräften, passiert sogar mir. Wenn ich mal mit Jackett komme, sind die Kids weg. So wünschen sie sich mich. Auch Kommentare aus dem Kollegium gibt es dazu ab und an.

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  2. Hallo liebe Frau Feynberg,
    seit Januar arbeite ich auch an einer ISS im "wunderschönen" Neukölln. Seitdem lese ich auch Ihren Blog und kann natürlich vieles entdecken, was mir sehr bekannt vorkommt
    . Das Lesen Ihres Blogs macht mir vor allem Mut, weiter an der Schule durchzuhalten, denn anders als Sie schreiben, habe ich bisher recht viele negative Erfahrungen gemacht. Trotz aller Bemühungen habe ich mit so viel Desinteresse, Lethargie, massiven Unterrichtsstörungen, die ein Unterrichten unmöglich machen, und den wüstesten Beschimpfungen zu kämpfen, die es mir zuweilen echt schwer machen, positiv zu denken.
    Ich hoffe, Sie schreiben weiterhin so tolle Blogbeiträge.
    Liebe Grüße
    Leni

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    1. Es gibt auch in meinem Alltag viele negative Erfahrungen, aber auch viele positive. Man muss sie nur finden! Viel Erfolg dabei und weiterhin viel Kraft!

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