Freitag, 20. Januar 2012

90-60-90

„Wir propagieren kein Schönheitsideal. Jeder Mensch ist schön auf seine Art.“
Heidi Klum

Dejan ist mein Wochenstar. Wären wir bei McDonalds, würde sein Portrait jetzt in der 'Mitarbeiter des Monats'-Galerie hängen. Ich sollte in der Klasse auch so eine Galerie einrichten. Schön transparent machen- wer, wann, warum nachsitzen muss. Wer nicht zahlt, muss eben nachsitzen. Ist so. Freitags in der 8. Stunde nachsitzen ist ein Genuss für alle Beteiligten. Mit Dejan (bzw. Dejan mit mir) nachsitzen ist Genuss hoch 2. Da mir diese Ehre jede zweite Woche zuteil wird, kenne ich den Ablauf dieser Veranstaltung bereits auswendig.

10 Minuten: sich beschweren, warum er nachsitzen muss. Alle anderen stehen doch auch im Klassenbuch und er hat gerade jetzt alle möglichen Schmerzen, die ein Mensch haben kann und alle waren laut und haben auch mit Radiergummis geworfen.
20 Minuten: Lieblingsthema: Sex oder Frauen, oder beides oder die 'alta-bin-ich-ein-geiler-hengst-nummer'.
10 Minuten: fast heulend fragen, wann er nun endlich gehen kann.
5 Minuten: halte ich es nicht mehr aus bis zum Klingeln und lasse ihn gehen.

Mandy und Christina leisteten uns Gesellschaft.
- „Ey, Mrs. Johnson, biiittte, ich schwör, ich hab krasse Kopfschmerzen. Muss ich nachsiten? Kann ich nicht am Montag nachsitzen, Aufgaben zu Hause machen, Geld nächste Woche mitbrin..."?
NEIN!!“ Ich reiche ihm das Arbeitsblatt, das er bearbeiten muss.
- „Boah, was haben Sie denn schon wieder angestellt?“
Wie, was habe ich angestellt?“
- „Na, wie viel ich abschreiben muss! Wieso kopieren Sie so viel? Ich gehe vor Gericht und beschwere mich. Aber ich will nicht, dass man Sie feuert. Deswegen erzähle ich nicht alles. Warum sind Sie so?“ Und warum bist du so?
Mandy, Christina! Habt ihr schon Ordnungsdienst gemacht? Ich kann nicht wirklich behaupten, dass die Klasse glänzt!“
- „Geben Sie zu, wenn ich drin bin, ist die Klasse hübscher.“ Dejan grinst über beide Ohren. Aha, wir sind in Phase 2 der Stunde angekommen.
Ich lasse mich nicht vom Thema abbringen. „Ich habe als Schülerin auch den Ordnungsdienst gehasst. So sehr ich euch verstehe, da müsst ihr durch.“
- „Zu Ihrer Zeit gabs schon Ordnungsdienst??“ Nee, da gab es noch keine Besen und keine Tafelschwämme, geschweige denn Tafeln, die man wischen musste.
Dejan, gibst du mir bitte dein Hausaufgabenheft, damit ich das Nachsitzen eintragen kann?“
- „Nee, machen wir 'Schere-Stein-Papier'. Wer gewinnt, bekommt das Hausaufgabenheft."
Hausaufgabenheft her! Aber zackig!"
- „Na gut, aber dann malen Sie 1000 Herzchen rein! Damit meine Mutter nicht so sauer ist. Sie lieben mich sowieso!“ Nach 2 Sekunden  ist er schon beim nächsten Thema, seinem Thema Nr. 1.
- „Boah, bei uns in der Straße laufen so sexy Weiber. 90-60-90."
Christina reagiert auf Dejans Ausführungen. „Ja, weißt du denn nicht? Fashion Week in Berlin! Wieso guckst du so Frauen immer an?“
- „Aber Mädchen! Das sind Models! Models!“ Boah, meine Ohren... Könnt Ihr nicht einfach die Texte abschreiben??
Dejan, ich habe gehört, du willst jetzt endlich arbeiten?!“
- „Mrs. Johnsooon, ich will die Models klären. Sogar Sie würden neben Ihnen ohnmächtig werden! Ich verspreche es Sie!“
- „Kann ich jetzt gehen bitte?? Ich hab in 2 Stunden Training, muss mich noch ausruhen. Ich habe doch schon die Hälfte!“

Endlich sind die 40 Minuten um. „So Herrschaften, Blätter abgeben und dann könnt ihr gehen. So schnell will ich euch hier nicht mehr sehen und mit euch nachsitzen!“
- „Also ich will schon mit Ihnen, aber nicht nachsitzen... also, was denken Sie jetzt? Ich will mit Ihnen Unterricht machen.“ Ich denke nur das eine. Wann kann ich endlich nach Hause gehen??

3 Kommentare:

  1. Ich habe totgelacht. Und meinem Mann vorgelesen. Mein Mann hat mitgelacht. Ganz laut. Unsere netten Nachbarn fühlen sich von unserem lauten Lachen gestört!

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  2. Ich merke schon, dass es kein Fehler war doch nicht auf Lehramt zu studieren (: . Danke aber für die Unterhaltung, lese ich zuhause und auf der Arbeit.

    Meiner Meinung nach werden die Schüler aber immer schlimmer, also ist die Spitze des Eisberges noch nicht erreicht.
    Viel Glück!

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    1. Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen.. Aber Glück können wir gebrauchen oder einen Austausch des Schulsystems oder der Gesellschaft...

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