„Ein Tag ohne Lächeln, ist ein verlorener Tag.“
Charlie Chaplin
Nicht nur, dass heute Freitag ist. Wir haben Feeerieeen! Ich nehme mir vor, rundum glücklich zu sein. Heute wird alles gut. Wir lächen einander an und haben uns alle lieb. Nur 3 Stunden. Zeugnisausgabe. Und Tschüss.
Draußen ist es noch dunkel, als ich an der Schule ankomme. So, aus dem Auto aussteigen und das wir-haben-uns-alle-lieb-lächeln aufsetzen. - „Mrs. Joooohnson, gestern ist was ganz schlimmes passiert.“ Zack. Aufgewacht. War alles nur ein Traum. Hilfe, wann habt ihr denn das geschafft? Als ich gestern gegangen bin, war das Klassenbuch doch noch leer! Ich höre mir die ganze Geschichte an. Rumwerfen mit Papierkügelchen, dann mit Hausaufgabenheften, dann mit spitzen Gegenständen. Zum Schluss einenander bespucken. Natürlich im Unterricht. Wäre ja sonst langweilig, was soll man denn auch 45 Minuten lang machen, etwa aufpassen und mitmachen? Aber keiner wars. Drama. Keine Verletzten, aber trotzdem Drama.
Melisa beruhigt mich. - „Falls ich was vergessen habe, steht alles im Klassenbuch. Klassenbuch ist schon so Tagebuch. Was da so alles steht. Sie können also alles nachsehen.“ Stimmt, so was wie Tagebuch. Intrigen und Beweise für nie geschehene Vorkommnisse. Ich nehme mir vor, im nächsten Halbjahr das Klassenbuch regelmäßiger zu kopieren. Nicht dass jemand die Beweise verschwinden lassen oder im Klassenbuch rumkritzeln möchte. Hatten wir alles schon.
Egal. Ich lasse mir meine Freitags- und Ferienlaune nicht vermiesen. Und was hilft schon eine weitere Standpauke? Kaum betrete ich die Klasse, schon kommt mir Dejan entgegen. - „Haben Sie schon gehört?“ Ich schweige. - „Ok, Sie haben gehört. Jetzt aber nicht böse werden, liebe Mrs. Johnson. Spucken war doch nur Spaß, ist der behindert, der versteht nicht, dass ich nur so gemacht habe.“ Er macht eine Spuckbewegung nach, ohne dabei zu spucken. Riesenspaß. - „Aller, Junge, mir ist deine Rotze runtergelaufen. Am Gesicht.“ Kopfkino. Bitte nicht. - „Kommt nie wieder vor!“ Hmmm, was soll man darauf antworten? Was wäre jetzt pädagogisch? „Eh nicht“ oder „diesmal glaube ich an dich, du schaffst es garantiert, dich zu bessern“. Klingt irgendwie beides ziemlich dämlich. Ich bleibe meinem Tagesmotto treu. Ich lächele vor mich hin und wende mich der übrigen Klasse zu.
Paar Worte zu der Situation gestern. Nix mit enttäuscht blabla, wie konntet ihr nur? Das sage ich ihnen auch. Kein Bock auf Standpauken mehr. Entweder sie verstehen es von alleine oder eben nicht. Sollte Fall zwei eintreten, müssen sie sich ab nach den Ferien mit mir anlegen. Das würde ich ihnen nicht empfehlen. Die Klasse ist mucksmäuschenstill. Und überhaupt: eine echt nette Stunde gehabt. Smalltalk, Plan für das 2. Halbjahr, hihi hier, haha dort und paar Strafreferate verteilt. Kann es bitte immer so laufen?
Und dann die Zeugnisausgabe. Alles ziemlich aufregend. Fast alle haben einen Riesensprung nach unten gemacht. Isabel rutschte die ganze Stunde nervös auf ihrem Stuhl, ballte die Fäuste und sagte jede Minute: „oh Gott.“ Can fragte jede zweite Minute: „Was habe ich in Geschichte?“ Die paar Minütchen wirst du wohl noch warten können! Abdul hat sich verpflichtet gefühlt, jedem persönlich zu gratulieren, der mit seinem Zeugnis zufrieden war. Eine Umarmung für jeden. Fatih tobte und schrie: „Was alles unentschuldigt? Kann gar nicht sein, ich schwöre. Is doch alles entschuldigt. Können Sie nicht zählen?“ Ich lächele.
Und die Rekordverspätungen. Alles gelogen. Und wieso stehen da 5 Punkte? Was für ein Knecht die Lehrerin ist, die hat doch 9 Punkte versprochen. Ja, so machen wir Lehrer es immer. Gute Noten versprechen, zu Hause würfeln und dann schlechtere Punkte aufs Zeugnis schreiben.
„Leute, ich habe euch immer wieder gewarnt. Schuld eigene. Im 2. Halbjahr muss alles besser werden. Da geht noch einiges. Ihr müsst euch bald bewerben! Dafür braucht ihr ein Zeugnis mit guten Noten und 0 Verspätungen.“
- „Aber aus Ihnen ist doch auch was geworden... Ihr Deutsch undso.“
„Ja, ich höre.. Erzähl.“
- „Sie haben so bisschen Akzent.“ Nö. „Sie sprechen einige Worte so komisch aus.“ Auslegungssache. „Und Sie verwechseln manchmal der, die, das.“ Ok stimmt. Aber ganz selten. Ich wünschte, du würdest mit Akzent sprechen, ab und an die Auto sagen und einige Wörter falsch betonen. Aber ansonsten pünktlich erscheinen, Hausaufgaben machen, lernen,...
Ja, aus mir ist auch was geworden. Zum Glück eine Lehrerin. Ich glaube, in jedem anderen Job würde ich mich echt langweilen und nicht so viele Schimpfwörter lernen. Ist echt wichtig heutzutage. Jedenfalls hat die Lehrerin jetzt Ferien. Für all die, die jetzt sagen: was schon wieder?? JA. Und jeder, der es uns nicht gönnt, darf mal vorbeikommen und sich nach 45 Minuten ferienreif fühlen. Mit Geldzurückgarantie.
Happy friday. Happy holidays. Cheers.
Schöne Ferien!
AntwortenLöschenCars10
Dann wünsch ich Ihnen mal erholsame Ferien! :)
AntwortenLöschenIch finde, es sollte mehr *ausländische* Lehrer geben! Täte manchen Schülern bestimmt gut (Folgerung aus eigener Erfahrung... :) ).
lg, Theni
PS: Ihre "biestigen" Kommentare sind einfach Klasse! Und der/das Blog sowieso! (so viel zu den Artikeln xD)
Danke & danke!
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