„Drei Wochen war der Frosch so krank, jetzt
raucht er wieder, Gott sei Dank.“
Wilhelm Busch
Vor mir stehen zwei Jungs. Lukas und Murat.
- „Mrs. Johnson, mir ist so schlecht.“ Lukas hält sich am Bauch, sieht aber sonst eigentlich ganz gesund und munter aus.
„Und was ist mit dir, Murat? Dieselbe Krankheit?“
- „Nee, nur Begleitung.“
„Und nun?“
- „Können Sie meine Mutter anrufen und ihr sagen, dass sie mich abholt?“
„Oh ja, Mutter anrufen ist gut. Kannst du bitte dann auch meine Mutter anrufen, damit sie mich abholt? Ich habe nämlich keine Lust mehr auf Schule!“
- „Hä??“
„Lukas! Du bist noch vor 5 Minuten quicklebendig auf dem Schulhof rumgesprungen und in Kunst ging es dir auch zu gut! Habe ich so gehört... Und auf einmal hast du Schmerzen, die man nicht mehr aushalten kann? Ab mit euch in die Klasse, ich komme jetzt sowieso hoch!“ Lukas sieht echt bedrückt aus. Wahrscheinlich hat er fest damit gerechnet, nach Hause gehen zu dürfen. Diese Heulsusen! Beim kleinsten Wehwehchen: „Ey Unterricht geht gar nicht mehr! Kann ich gehen??“
Paar Minuten später komme ich in die Klasse. Oh Wunder. Lukas scheint es besser zu gehen. Er schlägt nämlich gerade auf Deniz ein. Und sieht mich.
- „Gerade war mir noch schlecht. Und dann, plötzlich besser geworden.“
- „Mrs. Johnson, also ich hab wirklich Schmerz. Herzschmerz. Ich hab da so ein Mädchen gesehen. Ich bin so in sie interessiert. Können Sie sagen, was ich machen soll?“ Hmm, irgendwas stimmt da nicht. Warum fragt mich Dejan, der größte Frauenaufreißer dieser Welt -nach eigenem Verständnis- um Rat?
Ich erarbeite zusammen mit den Schülern ein Tafelbild. Danach soll jeder dieses in seinen Hefter übertragen. Schwierig. Ganz schwierig. Schon schreit Gülcan.
- „Hat jemand ein Blatt für mich?“
„Wo sind denn deine Blätter?“
- „Hab nur kariert. Umut gib ma Blatt.“
„Hab auch nicht.“
- „Daniel, krieg ich Blatt von dir?“
„Ich geb dir immer, kauf dir selbst welche!“ Recht hat er.
Dann wird der Sinn der Aktion klar. Gülcan beugt sich zu ihrer Tasche.
- „Dann muss ich ja mein eigenes Blatt aus meiner neuen Gucci-Tasche nehmen.“ Beim näheren Hinsehen kann man erkennen, dass es eine Tasche mit dem typischen Guccimuster ist. Überall die kleinen G’s.
- „Is die hässlich, kommt mit gefälschter Tasche in die Schule..“ Valmir muss natürlich einen Kommentar abgeben.
- „Is gar nicht gefälscht, du Opfer. Frag meine Mutter. Nur, weil du neidisch bist!“
- „Mrs. Johnson, darf ich Referat über Gucci machen?“
„Natürlich nicht. Wie soll das bitte zu einem unserer Themen passen??“
- „Voll unfair. Fatih durfte auch über Libanon machen und hat auch nicht gepasst!!“ Oh oh, Abdul ist wieder beleidigt. Spielt ja nicht wirklich eine Rolle, dass Fatih das Referat weder gemacht noch halten durfte. Alle Erklärungen zwecklos. Heute lieber nicht mehr ansprechen.
„Ihr habt noch sieben Minuten, um das Tafelbild abzuzeichnen!“
- „Wieso ausgerechnet 7? Nicht 10 oder 5?“
„Weil in genau 7 Minuten die Stunde endet.“
- „Ah so. Wie wenig Zeit Sie uns geben! Können Sie nicht Blatt für alle kopieren? Immer abschreiben, lesen, abschreiben!“
„Willkommen in der Schule!“ Und dann hat René wieder eine innovative Idee.
- „Ja, ich muss ja.. Kann ich Handy rausholen und Foto machen? Dann muss ich nicht mehr abschreiben.“ Wenigstens verlangt er heute keine Hausaufgabe per SMS. Schon mal ein Fortschritt.
Hochmodern und schlau!
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