„Nur wenn ich die Bedürfnisse meiner Mitmenschen kenne, kann ich sie motivieren.“
Vera F. Birkenbihl
Die erste Nachricht des Tages: Nächstes Jahr machen wir eine Klasse mehr auf, als geplant. Schulträger hat gesagt, Schule muss machen. Punkt. „Ähm, Entschuldigung, dass wir Sie bei der Arbeit stören, aber woher bekommen wir Räume für mehr Schüler?“ - „Lassen Sie sich was einfallen.“ „Ok, und bekommen wir denn wenigstens die Lehrer mit den benötigten Fächern, so wie im Bedarf für das nächste Schuljahr angemeldet?“ - „Lassen Sie sich überraschen!“ Ja, eine andere Wahl haben wir ja auch irgendwie nicht. Die Schüler müssen ja versorgt werden. Irgendwie. So wie in einer Fabrik, Massenproduktion am Fließband. Je mehr dabei gespart wurde, desto besser. Und wenn die Ergebnisse der Pisa-Studie kommen (falls ich mich richtig entsinne, befand sich Berlin auf einem der letzten Plätze, wenn nicht auf dem letzten), dann wird wieder irgendwas von Chancengleichheit und Gerechtigkeit erzählt und auf das Ziel verwiesen, dorthin zu kommen. Bezogen auf das heutige Zitat: Wer ist denn noch hochmotiviert die besten Ergebnisse zu erzielen, wenn einem jeden Tag ein Stückchen Motivation entzogen wird? Dies betrifft sowohl Schüler, als auch Lehrer.
Ich bin Pädagogin, ich habe den Beruf gewählt, um zu unterrichten und junge Menschen auf ihren Lebenswegen zu begleiten. Meine Kollegen und die Schulleitung sicherlich auch. Sage ich jetzt einfach mal so. Momentan erstellen wir hauptsächlich Statistiken, versuchen den Schulalltag möglichst ohne Verluste zu organisieren und füllen Fragebögen aus oder schreiben Berichte. Meine Schüler sind Akten und wir Lehrer Personalnummern. Nummern müssen ja auch nur existieren. Nur ihre Existenzbedürfnisse müssen befriedigt werden. Luxusbedürfnisse wie kleinere Klassen, Sonderpädagogen oder Doppelbesetzung sind eben Luxus. Nummern und Akten brauchen keinen Luxus.
Irgendwie werden doch diese Kinder im Stich gelassen. Vom System, an das keiner glaubt und das trotzdem hartnäckig weitergeführt wird. Meine Eltern haben mich - zum Glück - als kleines Kind aus einem ‚System’ rausgebracht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich jemals wieder in einem ‚System’ wiederfinde. Ein System, das ohne Rücksicht auf Verluste auf den eigenhändig erstellten Prinzipien besteht. Es gibt genügend Schüler, die aus einer Schule rausgeflogen sind und in einer neuen wieder funktioniert haben. Ich habe selbst so einen Fall in meiner Klasse. Neue Umwelt, neue Chance- weg von den alten Kumpels und den damit zusammenhängenden Gewohnheiten. Stattdessen müssen solche Schüler heutzutage in ihrer alten Schule verweilen. Lehrer haben sie aufgegeben, weil sie nicht mehr können und schon alles ausprobiert haben, was nur möglich war. Mitschüler meistens auch. Der Weg geht immer weiter zum Abgrund.
Wenn diese Schüler noch dazu Eltern haben, die sich nicht kümmern wollen, können oder was auch immer, haben sie verloren. Game over. Heute war mein Telefontag, also Informationen für die Eltern- wie stellt sich ihr Kind in der Schule so an?! In einigen wenigen Fällen würde ich das Kind am liebsten aus der Familie rausnehmen und irgendwohin in die Wildnis schicken, weg von den Alltagsbegebenheiten. Viele habe ich noch nie zu Gesicht bekommen, keine Zeit zum Elternabend zu kommen, zu beschäftigt, Kopfschmerzen, etc. Ich bin jung, viel jünger als die Eltern meiner Schüler. Trotzdem suchen sie meinen Rat, viele wissen nicht weiter. Oft fällt das Wort ‚verzweifelt’ in den Gesprächen. Wie paradox ist das denn bitte? Wer kennt denn ihre Kinder besser, als sie selbst? Und warum kommen die Eltern als Eltern nicht selbst auf die magischen Worte ‚Liebe’ und ‚Konsequenz’?! (Und setzen dabei mindestens 5 Kinder in die Welt) Oder bin ich zu naiv und sehe die Welt rosarot?
An dieser Stelle: Danke am meine Eltern. Danke, dass ich so geworden bin, wie ich bin.
Und weil ich jeden Tag aufs Neue versuche, meine 26 zu retten, wollte ich ihnen von der Pöbelei am Freitag (gibt es das Wort 'Pöbelei'?) erzählen. Natürlich mit einem pädagogischen Gedanken im Hintergrund.
„Ich möchte euch etwas erzählen. Ich habe letzte Woche etwas erlebt, so etwas ist mir noch nie passiert.“
Tuncer grinst über beiden Ohren und fragt: - „Haben Sie geduscht?“ Nicht schlecht für einen Anfänger.
"Pöbelei" gibt es. Darf ich Sie verlinken, auf unserer Schulhomepage unter "Lehrerleben"?
AntwortenLöschenGerne, freue mich über mehr Leser! Und danke für die Deutsch-Nachhilfe! :-)
AntwortenLöschenDa kann man sich nur bedanken bei den Berliner Alt-68er - Linksgrünfaschisten, die haben Disziplin und Tugend in langer Arbeit ausgemerzt. (Nie wieder Deutschland)
AntwortenLöschenMind Map, Kuschelpädagogik, Gruppendiskussion, Multi Kulti Rücksicht und Ökopropaganda statt "Fresse halten, Aufpassen, pünktlich sein".
Komisch, dass zB in Bayern die Schulen blendend funktionieren.
Müssen sich die Berliner nicht wundern, dass alles vor die Hunde geht, wenn mann jahrelang Rot-Rot wählt!
Und lasst uns ausgiebig drüber diskutieren, ob ein Bundespräsident verheiratet sein muss.. Über Bildung muss man ja nicht reden, läuft schon..
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