“Was wir
brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin
uns die Normalen gebracht haben.”
George Bernard Shaw
Heute
berichteten sämtliche Medien über die Allensbach-Studie. Das, was jeder weiß,
wurde ein weiteres mal zusammengefasst. Diesmal wissenschaftlich belegt. Ob es
die Sache jetzt besser macht, wage ich zu bezweifeln. Die Ausbildung wird
kritisiert, diese bereite die Lehrer nur unzureichend auf die Praxis vor. Die
Schüler werden immer schwieriger, die Bedingungen zum Unterrichten ebenfalls.
Die Klassen sind zu groß, Bildungspolitik mangelhaft, Unterrichtsausfall
bestimmt den Schulalltag. Die elterliche Erziehung muss teilweise von den
Schulen übernommen werden und die psychische Belastung bei den Lehrern wächst. Stimmt alles. Und nun???
Da
die 10ten Klassen heute die MSA-Prüfung in Deutsch geschrieben haben und auf
absolute Ruhe angewiesen waren, wurde ein Stockwerk zu diesem Zweck abgesperrt.
So musste meine Klasse den Raum wechseln und in diesem den ganzen Tag
verweilen. Oh oh. Die alltäglichen Strukturen wechseln, geht gar nicht. Erst
mal im Raum zurecht finden und sich dann ein gutes Plätzchen aussuchen. Die
Sitzordnung wurde plötzlich vergessen und alle anderen Regeln auch. Gekicher
ohne Ende, denn nun saß ja jeder neben seinem Freund. Eine Menge zu besprechen.
Unterricht? Nö! Irgendwann platzt auch meine Geduld.
“So
Jungs, wenn ihr etwas zu besprechen habt, geht raus! Ich bin euch auch nicht
böse. Aber stört nicht meinen Unterricht.” Mit der kommenden Reaktion habe ich
allerdings nicht gerechnet. Walmir steht nämlich auf und sagt zu Fatih:
- “Komm
lass ma rausgehen, besprechen.” Ich bin kurz baff, aaaaber: Selbst Schuld, wer
solche Vorschläge macht.
Sobald
die beiden allerdings draußen waren, haben andere ihren Platz eingenommen.
-
“Ey, haben wir nächste Woche Montag und Dienstag frei?” Danke Tuncer, für diesen Einwurf. Das Thema wird uns jetzt die ganze
Stunde beschäftigen!
-
“Ja, du Knecht. Hast du kein Plan vom Leben??” Stimmt, man hat ja auch nur dann einen Plan vom Leben, wenn man die
freien Tage kennt. Mandys Augen leuchten. Sie weiß es bestimmt schon seit
einiger Zeit und freut sich riesig! Und ganz ehrlich: wer freut sich nicht?
-
“Uuuhh, wie sie dich zerbombt hat!!” Na
super, jetzt kommen zu der Euphorie über das lange Wochenende auch noch die
üblichen Herzlichkeiten des Lebens.
-
“Mrs. Johnson, ich hab schon geplant für das Wochenende. Ich habe übertrieben
wichtige Frage.” Ok, diese Frage nur um
schminken oder shoppen handeln.
“Schieß
los.”
-
“Haben die Geschäfte Montag und Dienstag auf?” Sage ich es doch!! Manchmal ist es echt erschreckend, wie gut man
seine Schüler nach einer Weile kennt.
“Am
Montag, ja. Am 1. Mai nicht, ist ja ein Feiertag.”
-
“Was? Aber wie soll ich an einem Tag schaffen, alles zu kaufen? Ich wollte
Ku’damm gehen und dann noch Arcaden und dann noch Center. Viel zu tun, wissen
Sie?” Hartes Leben.
“Übrigens,
du hast vorhin etwas vom ‘Knecht’ erzählt. Kannst du den Begriff erklären?”
Dejan
springt auf. - “Mrs. Johnson, ich kann erklären! Is so wie Sklave, aber kein
Sklave.”
“Etwas
genauer, bitte!”
-
“Ja also, Knecht wird geknechtet. Auch mal mit Schlagring in die Fresse und so.
Und Sklave nicht.” Oh man, wie kommen sie
auf solche Erklärungen??
-
“Bist du dumm? Sklave ist man freiwillig und Knecht nicht!”
-
“Schuuu, wieso meldest du dich und rufst gleichzeitig rein? Bist du Lehrer oder
was?? Sigder lan!” Deniz ist empört.
-
“Deine Mudda is Lehrer!”
-
“Wieso klaust du meine Sprüche?” Seeehr
kreativ, deine-Mutter-Sprüche. Die muss man einfach klauen!
“So
reicht jetzt, Jungs. Wer ist so nett und findet bis morgen den Unterschied
zwischen einem Sklaven und Knecht raus?” Schließlich
haben wir gerade Geschichte, sollen die mal fachbezogen arbeiten.
-
“Krieg ich dafür ein Plus?”
“Klar.”
-
“Dann mach ich auch. Krieg ich auch Plus?”
“Jeder,
der die Aufgabe bis morgen erledigt, bekommt ein Plus.” Ich tippe auf fünf.
“Und
jetzt weiter im Programm. Hier sind zehn Fragen bzw. Aufgaben. Sechs müsst ihr
beantworten. Die Reihenfolge der Fragen könnt ihr euch aussuchen!”
-
“Aller, muss ich diese Fragen machen? Ich mach meine eigenen!” Abdul möchte
sich unbedingt am Unterrichtsgeschehen beteiligen, allerdings mit seinen
eigenen Methoden.
“Tut
mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ja. Du MUSST diese Fragen
beantworten.”
- “Cüs lan, Sklave und so! Ich bin Ihr Sklave und Sie knechten mich. Hab die Hausaufgabe gemacht. Mit Beispiel. Kriege ich jetzt ein Plus?”
- “Cüs lan, Sklave und so! Ich bin Ihr Sklave und Sie knechten mich. Hab die Hausaufgabe gemacht. Mit Beispiel. Kriege ich jetzt ein Plus?”
“Pluse
werden erst morgen verteilt. Und jetzt zackig, an die Daten!”
-
“Ey, Mrs. Johnson, wie können Sie sich diese ganzen Daten merken??”
“Naja,
man muss sich halt Eselsbrücken bauen. Dieses Datum zum Beispiel ist für mich
ganz einfach zu merken. Es ist nämlich der Geburtstag meines Bruders.”
-
“Cüüüüs, is Ihr Bruda 1825 geboren?” Die ganze Klasse lacht lauthals.
Abdul
denkt nach. - “Walla, kann gar nischt sein, ne?”
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