Mittwoch, 18. April 2012

Ohne Döner - ohne mich!


„Essen, um zu leben, nicht leben, um zu 
essen!“


Mahatma Gandhi

Wir waren also unterwegs. Alles hat auf dem Weg funktioniert, alles hat vor Ort geklappt. Can hat sich zwar alle 5 Meter auf die Straße gesetzt, ist sofort wieder aufgestanden und weiter gelaufen.
“Was ist den mit dir los?”
- “Ich muss mein Akku aufladen!”
Außerhalb der Schule sind die Kiddies tatsächlich gaaanz anders. Ich mache mir ja immerzu Sorgen, wie meine Schützlinge den Berufsalltag in Betrieben überstehen sollen. Aber sie zeigen mir immer wieder, dass sie sich außerhalb des Schulgebäudes tatsächlich benehmen können. Eventuell klappt es ja alles, wenn vor einem der Chef steht und nicht der Lehrer. Warum das in der Schule nicht geht, muss noch erforscht werden. Alle sind gesund und zufrieden zurückgekommen. Und dass muss schon was heißen! Wäre da nicht die Sache mit dem Döner, zu der ich später komme.

Es waren auch alle da. Alle außer Fatih. Er hat es ja auch irgendwie gestern angekündigt. Als er sich über die lange Fahrt und alles andere aufregte. Die anderen Schüler verieten mir allerdings den wahren Grund für sein Fernbleiben.
“Weiß jemand, wo Fatih bleibt?” Ich frage eine kleine Gruppe Jungs, die mit ihm im Kontakt stehen. Schweigen, keiner schaut mir in die Augen.
“Jungs! Raus damit! Ihr verschweigt mir doch etwas?” Endlich reagiert Max.
- “Ich sage es Ihnen, aber sagen Sie nicht, dass ich es gesagt habe!”
“Deal.”
- “Der hat heute Geburtstag, der geht nicht in die Schule, wenn er Geburtstag hat.” Sehr schön, jeder macht hier seine eigenen Regeln. Die Mädchen kommen nicht zum Sport, wenn sie ihre Tage haben. Die anderen feiern ihren Geburtstag und verzichten auf Schule. Wenn man denkt, man hat schon alles erlebt, begreift man, dass noch einiges vor einem liegt.
“Das hat er genauso gesagt, ja?”
- “Ja, aber sagen Sie nicht. Oder machen Sie Ausnahme, der hat doch Geburtstag!” Wie viele Ausnahmen soll ich bitte noch machen? Hmm, sagen oder nicht. In der Klassenliste steht ja, wann er Geburtstag hat. Das kann man ja in das “warum-warst-du-nicht-da-Gespräch” sanft einfließen lassen, wenn er wieder da ist.

- “Wieso keine Kaugummis??” René ist total empört.
“Weil dies eine Schulveranstaltung ist, auch hier gilt die Schulordnung!”
- “Musik dürfen wir nicht hören, mit Handy spielen auch nicht. Geht nicht wenigstens Kaugummi?” Immer diese Disskussionen. Meine Antwort bleibt aus. René fragt auch nicht weiter nach. Welch Glück. Dafür schaltet sich Abdul ein.
- “Mrs. Johnsoooon, wir machen doch Pause! Kann ich dann Döner kaufen?”
“Ich kenne die Gegend, hier gibt es weit und breit keine Dönerbude.”
- “Nieeemals!”
“Du kannst mir glauben!”
- “Was soll ich jetzt machen? Ich brauch Döner. Ist wie Medizin, wissen Sie?”
“Das ist genauso wie mit der S-Bahn, die nicht fährt. Wenn es keinen Döner gibt, dann gibt es eben keinen! Musst dir eine andere Therapie suchen.”
- “Sagen Sie, ich bin krank??”
“Neeein, dass war nur auf deine Medizingeschichte von vorhin bezogen.”
- “Was für eine Scheiße, ich hass das hier. Dann schon lieber Schule!” Was ein Döner alles ausmachen kann…

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