Montag, 17. März 2014

Und 14 Nächte

"Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen."
 Lucius Annaeus Seneca

In zwei Wochen ist die Präsentationsprüfung. Schüler bereiten sich ein halbes Jahr auf die Prüfung vor, kommen am Prüfungstag in die Schule, halten ihre Präsentation, wir stellen Fragen. Fertig. Eigentlich bereiten sich die Jugendlichen sogar länger, als ein halbes Jahr, auf die Prüfung vor. Die Termine werden nämlich bereits zu Anfang des 10. Schuljahres veröffentlicht. Im Normalfall. Bei meinen Schülern sieht der Normalfall anderes aus. Man bereitet sich für die Pürfung eine Nacht vorher vor. Im besten Fall, eine Woche vorher.

"Das ist ja der letzte Beratungstermin vor der Prüfung. Dann zeigt mal, was ihr bisher gemacht habt."
"Hä? Wie gemacht? Hatten wir Hausaufgaben?" Betül, Nafisa und Timm gucken mich an, als würde ich von ihnen die Erklärung der Relativitätstheorie verlangen.
"Beim letzten Beratungstermin gab es auch für euch Aufgaben, die ihr bis heute erfüllen solltet."
"Ah so... ich wusste nich, dass bis heute. Ich schwör, ich wusste nich.. Krieg ich jetzt 6?"
"Nein Nafisa, jetzt nicht. Aber höchstwahrscheinlich in der Prüfung. Habt ihr denn schon irgendetwas für die Prüfung vorbereitet?"
"Natürlich haben wir." antwortet Timm total selbstsicher. "Ich habe mich schon über dieses Land informiert, wo es Kindersoldaten gibt. Wie heißt das noch mal?"
"Super, hast du dich informiert, wenn du nicht mal weißt, wie das Land heißt. In eurer Prüfung soll es um Somalia gehen."
"Ah stimmt."
"Wie heißt denn die Hauptstadt von Somalia? Wenn ihr euch sooo ausführlich bisher mit dem Thema beschäftigt habt, dann müsst ihr das im Schlaf können."
"Hmmm..." Nafisa scheint nachzudenken. "Afrika?"
"Neeein, Afrika ist der Kontinent auf dem Somalia sich befindet. Ich frage nach der Hauptstadt!?"
"Ah ich weiß! Kongo oder so?"
"NEIN! Leute ist es euer Ernst?? Die Prüfung ist in zwei Wochen und ihr kennt noch nicht mal die Hauptstadt des Landes, über das ihr referieren wollt??"
"Jaaa. Hauptstadt... Wer braucht Hauptstadt? Hauptsache ist doch, wir wissen, wie die Kinder Soldaten werden oder nicht?"
"Natürlich ist es wichtig... Aber ihr habt euch doch nicht umsonst für ein bestimmtes Land entschieden. Es geht darum, aus welchen Gründen die Kinder gerade in diesem Land in den Krieg ziehen müssen! Und in so einem Fall gehört das Kennen der Hauptstadt auf jeden Fall dazu."
"Machen Sie sich ma keine Sorgen. Ich hab schon mal Referat gemacht über Frauen in Indien. Ich nehme dem einfach für die Präsentationsprüfung!"
"Nafisa, Kindersoldaten in Somalia sind auch dein Thema! Da geht es nicht mal annähernd um Frauen in Indien! Du kennst das Thema bereits seit fast einem halben Jahr!"
Timm unterstützt mich. "Mädchen, geh sterben! Was für Frauen in Indien?"
"Timm! Danke für die Unterstützung, aber so sollte sie nicht aussehen!"
 
"Cüs, schreien Sie ma nich so..." Tatsächlich... ich habe geschrien.. Dann bin ich wohl wirklich sauer.
"Betül! Es sind nur noch 14 Tage bis zur Prüfung!"
"Und 14 Nächte. Voolll vieeel Zeit. Wie die Lehrer immer übertreiben. Soll ich mich jetzt niederknien, damit Sie sich beruhigen oda was?"
"Ist nett von dir, aber nein, du musst dich nicht niederknien. Nehmt euren Block und Stifte raus. Ihr werdet jetzt einiges mitschreiben müssen."
"Block und Stifte? Aber Sie haben gar nicht... " Timm traut sich nicht, den Satz zu vollenden. 
"Timm!"
"Ey, Frau Feynberg, beruhigen Sie sich mal. Sie brauchen bisschen Wodka!"
"Ich trinke keinen Alkohol. Was ich brauche, sind fleißige Schüler."
"Hä? Wie? Kein Wodka?"
"Nein. Nichts."
"Aber Sie kommen doch aus Russland?!"

5 Kommentare:

  1. Immerhin können Sie Russland und Wodka zuordnen.
    Aber ich denke, sie werden es zum größten Teil schaffen, oder?

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  2. Verrückt, nicht wahr? In dem Alter sind 14 Tage (und Nächte) eine halbe Ewigkeit. Ich hingegen erleide Schnappatmung, wenn ich für eine Prüfungsleistung nur noch 14 Tage Zeit habe. :)

    Mich würde ebenfalls interessieren, wie die Rasselband am Ende durchkommt. Oft geht es ja dann doch erstaunlich gut, zumindest gemessen am Einsatz.

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  3. Nach diesem Tag zweifele ich doch sehr am Bestehen dieser prüfung, hoffe aber natürlich nach wie vor.

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  4. Es wird, Frau Feynberg, es wird werden. Halten Sie uns auf dem Laufenden.

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