Freitag, 1. Juni 2012

Die letzten Wochen


„Das Happy-End besteht bei manchen Filmen einfach darin, daß sie zu Ende sind.“
 
Unbekannt


Alles anstrengend. Momentan ist alles anstrengend. Und unnötig. Und anstrengend. Und ich bin sooo müde. Gestern wollte ich das Fußballspiel gucken und dann die Geschichte des Tages schreiben. Nur leider bin ich eingeschlafen. Mitten im Spiel. Ich war so müde, als hätte ich zwei Wochen lang ohne Unterbrechung auf Kartoffelfeldern gearbeitet. Absolut ätzend. Es ist ja auch eine doofe Zeit gerade. Im Grunde genommen ist schon alles gelaufen. Die Noten sind eingetragen, der Stoff durch. Die Schüler wissen das auch. Die Energie, die sie sonst in die schulische Leistungen stecken, stecken sie jetzt in -na was wohl- körperliche Auseinandersetzungen. Wir warten nur noch, was als Nächstes passiert. Zum Kotzen ist das. Schlägerei zwischen Mädchen, Schlägerei zwischen Jungs. Schüler, die vom Unterricht suspendiert werden. Eltern, die besorgt in der Schule ankommen und ihr Kind von der Schule nehmen wollen. Die Mutterdiemanmeidensollte, die uns ständig erzählt, was für ein Engel ihr Sohn ist und dass wir uns alle doch schon seit Ewigkeiten gegen ihn verschworen haben. Und das alles muss man klären. Anstrengend.

Ich habe ja nicht dran geglaubt, aber trotz allem haben wir es geschafft, die letzten beiden Wochen des Schuljahres zu klären.
"So, Ihr Lieben, nächste Woche beginnt ja euer Mini-Praktikum..."
- "Was Mini-Praktikum?"
"Abdul, auch du hast den Informationszettel von mir bekommen!"
- "Ja?"
"Ja!" Ich müsste alles gegen Unterschrift ausgeben, dann gäbe es diese blöden Nachfragen nicht.
- " War das diese Vorlade??" Abdul zeigt mit dem Finger auf das Blatt von Nathalie. Nathalie hat immer alles abgeheftet und unterschrieben dabei. "Ich schwör, ich war nicht da. Können Sie mir noch eins geben?"
"Meinst du, wir haben Geld ohne Ende und können euch immer fünf Blätter nachkopieren? Ab jetzt nehme ich 5 cent pro zusätzliches Blatt."
- "Cüs, wollen Sie mich arm machen?"
"Nee, du die Schule!"
- "Cüüüüs..."
"Also, zurück zum Mini-Praktikum. Denkt dran, dass ihr pünktlich um 7.45 Uhr vor Ort sein müsst!" Das wird niemals klappen, das Praktikum findet am anderen Ende Berlins statt.
- "Abooou, dann kann ich gleich um 5 Uhr morgens aufstehen! Warum sooo früh?"
"Weil in ganz vielen Berufen der Arbeitstag um 8 Uhr beginnt und ihr wollt ja vieles sehen und schaffen, stimmt's?"
- "Jaaa, bisschen ausschlafen wäre mies nett, aber nein.. Wer macht diese Zeiten?" Sollen sie mal mit dieser Frage bei ihrem potentiellen Arbeitgeber auftauchen.. Ich kann nur hoffen, dass sie sich das bloß bei mir trauen...
Fatih hat noch eine ganz wichtige Frage. - "Ich bin ja bei dem Mann mit Holz dann."
"Man nennt diese Männer Schreiner!"
- "Meine ich doch. Also, wenn ich mit Holz arbeite, guckt doch eh keiner. Kann ich dann Musik hören? Biiiitteee!"
"Natürlich nicht! Du musst doch auch hören, was in deiner Umgebung passiert. Gerade, wenn du noch keine Ahnung hast, wie man da arbeitet."
- "Warum? Is doch übertrieben leicht. Mit Kopfhörer! Biiiitte!"
"Ich frage dich dann am Montag noch einmal, ob es übertrieben leicht ist."

"Nächster Punkt. Die Bücher. Ich habe sie mir angeschaut. Teilweise habt ihr ganz neue Bücher bekommen, die jetzt K.A.T.A.S.T.R.O.P.H.A.L. aussehen. Fatih und Djamal, ich habe es euch schon mal gesagt, ich sage es noch einmal. Ihr müsst eure Bücher bezahlen! Und richtet es bitte Dejan aus, wenn er wieder kommt."
Beide springen empört von ihren Plätzen auf. Fatih fängt mit der Motzerei an.
- "Ich zahl das nicht! Wieso muss ich das zahlen??"
"Weil ich jedes Mal hinter euch her laufe, und sage, ihr sollt die Bücher einschlagen. Und nichts passiert. Die Bücher sehen aus, als wären sie 30 Jahre und keine 3 Jahre alt!"
- "Ich zahl trotzdem nicht!" Das glaube ich dir sofort. Natürlich, die Bücher hast du ja auch nicht gekauft, dann kann man mit ihnen auch umgehen, wie man möchte. Gehört mir ja sowieso nicht!! Toll! Wir sind in manchen Situationen einfach so sehr machtlos. Die Schüler müssten uns echt auslachen. Die prügeln sich, klauen, lügen, versauen die Bücher und wir können nichts machen. Absolut nichts!

"Und nun der letzte Punkt für heute. Ich würde gerne mit euch vor der Zeugnisausgabe frühstücken. Wir müssen noch überlegen, wer was mitbringt."
Diesmal ist es Betül, die sich aufregt. - "Aller, immer frühstücken. Ich hass das! Können wir nicht Disco gehen???"


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