„Reue
ist der feste Vorsatz, beim nächsten Mal keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.“
Marcel Achard
Ich
liebe das Gefühl vom langen Wochenende. Man kommt aus der Schule und muss sich
nicht beeilen, weil noch so viel Schulzeugs ansteht. Man kann es auf morgen,
übermorgen oder überübermorgen verschieben. Und dazu kann man noch ausschlafen.
Gefühl der Freiheit. Herrlich.
Dieses
Gefühl kommt allerdings nach der Schule. In der Schule muss man doch noch das
ganze Schulzeugs klären. Am besten gestern. Meine ganze Aufmerksamkeit in den
drei Tagen galt dem Desaster letzte Woche. Das Desaster des verwüsteten
Klassenraums. Diese Woche gab es keinen Ordnungsdienst. Jeder sollte
Verantwortung für die Klasse übernehmen und mitanpacken. Ohne dass ich die
einzelnen Schüler dazu auffordere, zu kehren, Tafel zu wischen oder Müll
rauszubringen. Hat gut funktioniert! Irgendwas von meinen Moralpredigten ist
doch hängengeblieben. Ich habe mich also bei den Kollegen umgehört, die Schüler
interviewt und versucht, Augen und Ohren offen zu halten. Schüler nehmen dem
Lehrer das Versprechen ab, ihren Namen nicht zu erwähnen und erzählen einem so
ziemlich alles unter vier Augen. Jetzt müssen nur noch die Übeltäter zur Rede
gestellt werden.
“Nafisa,
Yunus und Mandy! Ihr bleibt hier, alle anderen können gehen.”
Dejan
bleibt noch kurz stehen. - “Mrs. Johnson, wie krass werden die vier Tage ohne
mich für Sie? Sie werden mich übertrieben vermissen, stimmt’s?”
“Dejan,
langsam könntest du dir was Neues einfallen lassen. Du bringst vor jedem langen
Wochenende denselben Spruch! Und ich sage dir jedes Mal wieder, dass es hart
wird, aber ich versuchen werde, es zu überleben!”
-
“Ok, ich werd nachdenken über neue Sprüche. Schönes Wochenende und machen Sie
keine Dummheiten! Versprochen??”
“Jaja,
Tschüß Dejan.” Er grinst, winkt mir zu und geht zur Tür.
“Dejaaan,
dein Stuhl! Soll eine Fee vorbeifliegen und ihn hochstellen?”
-
“Ah so, ja.”
Mandy,
Yunus und Nafisa stehen immer noch vorne. Während ich mich mit Dejan unterhalte
ich, höre ich mit einem Ohr, dass die drei überlegen, warum sie hier stehen.
Wahrscheinlich haben sie den verwüsteten Raum bereits vergessen. Ich nicht.
“Möchtet
ihr mir etwas sagen??”
-
“Hä?”
“Ob
ihr mir etwas erzählen möchtet?!”
-
“Was denn?”
“Ja,
dann denkt mal scharf nach!” Ratlose Gesichter.
“Ich
gebe euch zwei Tipps. Locher und Papier.” Nafisa ist die erste, die reagiert.
-
“Jaaa, als ob nur ich das gemacht habe! Isabel muss jetzt nicht hier stehen!
Was das? Voll unfair!”
“Nächste
Woche kann dir Isabel gerne beim Ordnungsdienst helfen.”
-
“Trotzdem.”
“Kannst
du mir vielleicht erklären, warum man einen Locher durch die Klasse wirft,
Konfetti, die rausfallen, liegen lässt und so tut, als ware nichts geschehen?”
-
“Jaaa, wenn ich sauer bin…”
“Hmmm,
ich verstehe. Wenn man sauer ist, dann wirft man mit Lochern durch die Gegend?”
-
“Mrs. Johnson, diese Klasse ist behindert! Ich war soooo sauer!”
“Und
hat es geholfen? Vielleicht sollte ich das auch ausprobieren, wenn ich das
nächste Mal sauer bin?”
-
“Hä?” Die beiden anderen stehen schweigen daneben.
“Und
ihr? Habt ihr hier eine Papierschlacht veranstaltet, weil ihr euch auch wegen
etwas abreagieren musstet?”
-
“Neee, hat Spaß gemacht. Nur Spaß…”
“Ich
habe nichts gegen Spaß, aber dann räumt hinter euch auf. Und vor allem, steht
zu dem, was ihr hier fabriziert und schweigt nicht, wenn ich frage, wer für den
Saustall verantwortlich ist!”
Alle
drei schauen zu Boden. Yunus flustert kaum hörbar: - “Jaaa…”
“Am
Montag bringt ihr Putzmittel mit und bringt diese Klasse zum Glänzen! Und wenn
ihr Glück habt, dann auch die übrigen Klassen auf diesem Stockwerk!”
Die
drei gehen mit gesenktem Kopf raus. Mandy bleibt noch einen Moment in der Tür stehen.
-
“Woher wissen Sie??”
Jetzt
kann das Wochenende beginnen.
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