“Man muss dich die Menschen nach ihrer Art verbindlich
machen, nicht nach der unserigen.”
Georg Lichtenberg
Mittwoch
ist toll, ich muss später in die Schule. Mittwoch ist blöd, weil ich deswegen
nie einen Parkplatz finde. Alles ist schon besetzt. Heute morgen habe ich ein
paar Runden extra gedreht. Rechts von der Schule, links von der Schule, hinter
der Schule, auf der anderen Straßenseite. Keine Chance. Auch nach der vierten
Runde blieb nur eine kleine Lücke. Genau vor dem Schultor. Hoffentlich überlebt mein Auto diesen Tag kratzfrei.
Nach
dem Unterricht lasse ich mir viel Zeit. Ich möchte mit den Schülern keine
Gespräche über mein Auto führen. Nach dem Schulschluss eigentlich gar keine
Gespräche mehr. Ich kontrolliere also noch mal die Klasse, ob auch
Ordnungsdienst gemacht wurde, schreibe eine Schulversäumnisanzeige (so eine kriegen
die Schwänzer immer) und unterhalte
mich noch bisschen mit Kollegen. Über dieses und jenes. 40 Minuten nach dem
letzten Klingelzeichen verlasse ich endich die Schule. Hoffentlich sind sie jetzt alle weg. Ich gehe raus und sehe Can,
Dejan, Fatih, Umut und Abdul. Direkt neben meinem Auto. Na super. Mit demselben Erfolg hätte ich schon vor 40 Minuten gehen
können.
“Jungs,
welch’ Überraschung, euch zu sehen! Das war echt nicht nötig, ihr müsst doch
nicht auf mich warten!”
-
“Aber Mrs. Johnson, wieso? Auf Sie warten is King!”
“Dejan,
was machst du eigentlich noch hier? Du hast den ganzen Tag geheult, dass es dir
zu heiß ist und du gehen möchtest! Jetzt kannst du nach Hause gehen und gehst
nicht!”
-
“Was soll ich denn zu Hause?? Mir war ja auch heiß und ich wollt nur raus und
wieso kriegen wir nicht hitzefrei??”
“Das
habe ich euch doch schon fünf Mal erklärt! Nach dem Zusammenschluss der Haupt-
und Realschulen gibt es nur noch Ganztagsschulen. In Ganztagsschulen gibt es
kein Hitzefrei! Und es liegt auch leider nicht in meiner Macht, es zu ändern!”
-
“Wieso sollen Sie das ändern? Sie kriegen ja auch Geld dafür, weil Sie in so
Hitze arbeiten!”
“Ja
genau, mein Gehalt richtet sich nach den Temperaturen. Je heißer, desto mehr
Geld!”
-
“Eeeecht? Aber dann müssen Sie ja Millionen bekommen. Wenn ich da bin, is immer
üüübertrieben heiß!!”
“Tschüß
Jungs, ich muss jetzt weg!
-
“Wer kann dann ändern? Herr Direktor?”
“Auch
er nicht.”
-
“Ah so, ist es wieder diese Senatsdingsda oder wie die heißen??”
“Genau
die.”
-
“Wo kann ich die finden? Ich geb dem Nacken! Und sage: ‘Aller, Jungs, macht ma
Hitzefrei!’”
“Das
würde ich zu gerne sehen! Und jetzt: bis morgen!”
-
“Ich schwör, Berliner Schulen sind für’n Arsch!” Leider ja, aber nicht nur deswegen.
Ich
will gerade ins Auto einsteigen, da meldet sich Fatih zu Wort.
-
“Uhhhh, Mrs. Johnson! Ihr Auto? Was haben Sie bezahlt?”
“Mach
zuerst deinen Abschluss, dann können wir über Geld reden. Vorher nicht!”
-
“Wissen Sie, Mrs. Johnson, wir haben mega viel gemeinsam!”
“Ah
ja?? Was denn??”
- “Wir
mögen beide schöne Autos!”
“Schön
ist subjektiv.”
-
“Was?”
“Nix!”
-
“Welche Baujahr? Wie viele PS? Drücken Sie ma auf’s Gas!”
“Jungs,
lasst mich doch jetzt einfach nach Hause fahren. Wir sehen uns morgen wieder!”
- “Ok
nehmen Sie mich mit??” Can stand die ganze Zeit leise daneben und möchte jetzt
auch unbedingt seinen Teil zu der Unterhaltung beitragen.
“Natürlich
nicht! Du wohnst doch hier um die Ecke. Laufen tut dir bestimmt gut!”
-
“Cüüüs, Mrs. Johnson, warum sind Sie so?”
“Für
noch einmal ‘warum sind Sie so’ gibt’s einen Nackenklatscher, verstanden?”
Alle
brüllen vor Lachen, nur Can ist wie erstarrt.
-
“Aber… aber… das dürfen Sie nicht…” Leider
nein. Habe ja auch nicht gesagt, dass die Nackenschelle dann von mir kommt.
Endlich
gelingt es mir, ins Auto zu steigen. Ich öffne die Fenster. Sofort steckt Abdul
seinen Kopf rein. - “Nackenklatschernverteilerin, oder was??” Ich parke nie wieder am Schultor, auch wenn
ich dafür 1 km zur Schule laufen muss!
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