“Bedauernswert ist das Volk, dessen
Staatsmann ein Fuchs ist, dessen Philosoph ein Schwindler und dessen Kunst aus
Nachahmung besteht.”
Khalil Gibran
Mein
Ziel heute: Immer ein Auge auf Dejan werfen und schauen, ob er tatsächlich
etwas von seinem gestrigen Vorhaben verwirklicht hat. Wenigstens für eine
Stunde. So wie ich Dejan einschätze, wird er sich von selbst in meinen Blick
werfen, ich brauche mich da nicht extra zu bemühen.
“Wir
fangen heute mit der Hausaufgabe an. Was habt ihr bei der Nummer 2 geschrieben?”
Dejan
meldet sich und schreit dabei: - “Ich hab geschrieben.” Ich freue mich schon
innerlich.
Abdul
passt das Geschrei gar nicht. - “Aller Dejan, wieso meldest du dich und
schreist dabei? Bist du Lehrer oder was??” Dieser Einwurf ist zwar theoretisch
richtig, wird aber ignoriert, um der Sache nicht unnötig viel Aufmerksamkeit zu
schenken.
“Dann
erzähl mal Dejan, was du geschrieben hast.”
-
“Ich habe geschrieben. Nichts.” Welch' Überraschung!
“Wenn
du schon nichts hast, dann spar dir wenigstens den Auftritt.” Diese One-man-show braucht nun wirklich kein
Mensch! Und klaut auch noch wertvolle Unterrichtszeit.
Einige
Schüler haben die Hausaufgaben gemacht und tragen diese auch vor. Dejan spielt
währenddessen mit einem Riesenanspitzer. Keine Ahnung, woher der plötzlich
kommt.
“Nehmt
bitte einen Marker in die Hand.” Während
alle anderen die Anweisung befolgen, sucht Dejan auffälig lange nach etwas in
seiner Federtasche.
“Was
ist los? Was suchst du?” Blöde Frage. Ich
weiß genau, dass er etwas sucht, was er nicht finden wird. Er weiß es auch. Und
schon wieder Schauspielerei. Unnötige Schauspielerei.
-
“Scheiße, wo ist mein Marker?? Wissen Sie, immer wenn ich was brauche, is es zu
Hause!” So ein Zufall aber auch!
“Tatsächlich??
Dann hast du keine andere Wahl, als die Schlüsselbegriffe mit deinem Kulli zu
unterstreichen.” Nach 10 Minuten Arbeitszeit komme ich zu ihm und sehe, dass er
in der Zeit absolut nichts gemacht hat.
“Hmmm,
irgendwie sehe ich keine Markierungen?!”
-
“Doooooch, ich hab markiert! Ich hab unsichtbar markiert.” Auch hier springt
Abdul ein.
- “Der
hat in seinem Kopf markiert!”
“In
deinem Kopf oder unsichtbar! Fakt ist, du hast in der Stunde nichts gemacht!”
- “Dooooch.
Man, Mrs. Johnson, sehen Sie nicht?? Das nennt man optische Täuschung!!” Kann man hier in der Nähe irgendwo Geduld
kaufen??
Am
Nachmittag geht es weiter mit Täuschungen. Eher Enttäuschungen.
Bei
der Konferenz erfahren wir, dass der Senat Differenzierung in allen Fächern
erwartet. Im Grunde genommen, nichts Neues. Aber, er erwartet es von den
Schulen, weiß aber nicht so recht, wie das funktionieren soll. Also soll sich jedes
Fachbereich ein schulinternes Curriculum ausdenken, wie er differenzieren
möchte und dieses am besten bis gestern abgeben. Wenn dann der Senat alle
Vorschläge gesammelt hat, wird er die Köpfe zusammenstecken und sich für ein
Konzept entscheiden. Das wird wohl dann Vorgabe für alle Schulen sein. Sie
machen es sich bisschen einfach, Sie da oben! Zuerst irgendwelche Vorgaben
machen und nicht genau wissen, wie man diese umsetzt und dann sollen die Lehrer
für nicht hausgemachten Probleme sich Lösungen ausdenken. Zusätzlich zu dem
Alltagsgeschäft. Auch ein Sprachkonzept soll sich die Schule ausdenken. Wie man
die Deutsche Sprache unter den Jugendlichen fördern könnte. Nicht nur
ausdenken, sondern durchführen und evaluieren. Wenigstens haben wir dafür ein
Jahr Zeit. Danke, sehr großzügig!
In
diesem Fall lässt es sich bloß nicht mehr von einer ‘optischen’ Täuschung
sprechen. Es ist so wie es ist. Wir werden getäuscht und enttäuscht. Jeden Tag
aufs Neue.
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